Unter Demokratie verstehen die meisten Mehrheitsentscheidungen.
Demokratie ist allerdings mehr, zum Beispiel Schutz der Minderheiten: Sie wird auf den Prüfstand gestellt, wenn jemand aufsteht und eine unbequeme Meinung äußert.
Unter dem Eindruck einer Versammlung eines demokratischen Vereins (in Deutschland, ich weiß nicht, ob das in Österreich auch so möglich wäre) sehe ich folgende Probleme:
1. Es gibt in einem Verein (wenn nichts anderes festgelegt ist) außer dem Vorstand keine weitere Instanz als die Mitgliederversammlung. Wenn man sich z.B. über einen Mitarbeiter beschwert, und die Beschwerde wird vom Vorstand (=Vorgesetzter) abgelehnt oder ignoriert, dann kann man nur mehr einen Antrag an die MV stellen und dann stimmen die Mitglieder über eine Person ab. Das halte ich für sehr bedenklich. Es sollte in Demokratien nicht möglich sein, dass "das Volk" über eine Person urteilt. Zu schnell wird aus einer Menge ein Mob.
2. Wenn man einen Antrag einbringt, kann man auch beantragen, dass die Abstimmung geheim erfolgt. Das ist aber keineswegs selbstverständlich. Es ist möglich, dass die Hauptversammlung (wieder: wenn in der Satzung nichts anderes festgelegt ist) beschließt, dass das abgelehnt wird und somit ist dann die Abstimmung öffentlich. Das halte ich für demokratiepolitisch bedenklich.
3. Es ist möglich, dass die Hauptversammlung beschließt, dass über einen Antrag gar nicht abgestimmt wird. Damit kann die Mehrheit einer Minderheit die Stimme nehmen. Dies wird dadurch verschärft, dass auf Antrag eine Diskussion in der MV beendet werden kann. So kann zum Beispiel bei personbezogenen Entscheidungen verhindert werden, dass der "Ankläger" und der Betroffene nicht das letzte Wort haben, was ich auch für sehr bedenklich halte.
Lösungesvorschläge
In den Satzungen (Statuten) kann man alles festlegen, was im Vereinsgesetz nicht festgelegt ist.
Punkt 1 Entscheidungen über Personen sollten in einem externen Schiedsgericht geklärt werden. Das soll aus Nichtvereinsmitgliedern bestehen und z.B. aus einem Mediator und einem Vereinsjuristen bestehen.
Punkt 2 kann ganz einfach geregelt werden (wobei es mich wirklich wundert, dass das nicht als zwingendes Gesetz festgelegt ist): Auf Antrag auf geheime Abstimmung muss geheim abgestimmt werden.
Punkt 3: Natürlich sollte irgendwann eine Diskussion beendet werden können. Es sollten aber die Betroffenen das letzte Wort haben. Bei Anträgen, wo Personen betroffen sein z.B. Antragsteller und am Schluss die Betroffenen.
Persönliche Anmerkung
Wenn die "Öffentlichkeit", also im Falle eines Vereins die Mitgliederversammlung, mehrheitlich über das Schicksal einer Person entscheidet, also z.B. über eine Anstellung, dann erinnert mich das an Lynchjustiz. Eine Menge von Menschen wird schnell zum Mob, wenn Demagogen am Werk sind oder emotionale Themen im Raum stehen. Es können nicht alle Fakten auf den Tisch kommen, und außerdem ist viel zu wenig Zeit für eine faire Behandlung. Somit kann es kein fairer Prozess sein. Noch dazu kann die Menge die Diskussion abdrehen.
Das halte ich für nicht mehr zeitgemäß.
Eigentlich erschreckend: Obwohl ich mich im Vorfeld auf diese Situation einstellen konnte (Anträge sind ja vorher bekannt), war erst das Erleben notwendig, um die Assoziation mit Lynchjustiz zu wecken.
Donnerstag, 24. Januar 2013
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