Montag, 29. Oktober 2018

Zur Diskussion ums Bedingungslose Grundeinkommen (BGE)


Ich habe Zweifel an der Alternativlosigkeit des Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE)

Wieso ist das BGE alternativlos?

Warum setzen wir uns nicht  für eine Verbesserung des bestehenden Systems ein?
Angemessene Besteuerung der hohen Einkommen, Schließen der Steuerlöcher, Konzerne sollen ordentlich Steuern zahlen, wie jeder kleinere Kaufmann auch. Einführen der Transaktionssteuer.
Aufstocken der Mindestsicherung, abschaffen erniedrigender Behandlungen beim Beantragen von Sozialleistungen ... Mindestlohn, der sicherstellt, dass es sich lohnt, zu arbeiten, usw. usw.
Wenn wir das umsetzen, brauchen wir keine Experimente mit unsicherem Ausgang machen.
Wenn in größeren Gesellschaften Arbeitsleistung und Einkommen entkoppelt wurden, hat die Produktivität stetig abgenommen. Beispiele wären sämtliche kommunistischen Länder, wobei die DDR und Kuba sehr spannend sind, da dort die Produktivitätsabnahme innerhalb von 1-2 Generationen erfolgte.

 Hier ist ein kritischer Artikel (als Beispiel für die Stimme der anderen)


Mein persönlicher Kommentar zu diesem Artikel:
Leider wirkt die alte Rattenfängertaktik immer noch perfekt:
Eine Ideologie, die als Befreiung von Sklaverei, endlich persönlich entfalten, Freiheit usw. daherkommt - und wenn man zwei Schritte weiterdenkt in eine neue, komplettere Abhängigkeit führen wird.
Mich wundert nicht, dass das obere 1% auch für das BGE ist - die großen, langfristigen Nutznießer. Ich habe gelernt, dass die oberen 1% an ihren langfristigen Vorteil denken und die Macht haben, ihn umzusetzen. Die unteren 99% denken an den kurzfristigen individuellen Vorteil.
Daher wirkt auch das dem platteste aller Versprechen: Ich gebe Dir Geld fürs Nichts-Tun.
Sie übersehen dabei, dass wir immer vom oberen 1% regiert werden. Genug Opium fürs Volk verstreuen, damit die fetten Gewinne nach oben fließen können.
Das BGE ist das neue Opium fürs Volk. Dazu Brot und Spiele und die Sklaven, die glauben, sie sind befreit, laufen wieder.

Das BGE  könnte  ein soziale Rückschritt sein, weil es die individuellen Bedürfnisse aushebelt und in letzter Konsequenz unsere Gehälter verstaatlicht."
"Verstaatlicht" heißt: die Gemeinschaft zahlt es. Und erfahrungsgermäß fühlen sich die oberen 10% nicht der Solidargemeinschaft zugehörig.
Wir haben eine Situation, wo bei Investments die Gewinne privatisiert sind (=die oberen Prozente schöpfen den Gewinn ab), während die Verluste von den unteren % gezahlt werden.
Das ganze wird zum Beispiel genannt Bankenrettung.
Nun erfolgt der letzte große Schritt, nämlich dass die unteren 90 % auch die Gehälter zahlen. Die Firmen können dann bei einem BGE ohne moralische Bedenken die Gehälter kürzen. Die Illusion, dass die Leute dann sagen "na gut, dann arbeite ich eben nicht bei dir" würde bedingen, dass sie komplett ihren Lebensstil und ihr Konsumverhalten verändern, aber das  ist nicht in Sicht. Solange sie also ihren fetten SUV und ein Whirlpool wollen, sind sie abhängig.
 


Zur Angstmache: „Die Roboter nehmen uns alle Arbeitsplätze weg“

So lautet eine der häufigsten Aufhänger als Begründung für ein BGE. Ich frage mich nur, worauf sich diese Arbeitslosenprognose stützt?
 "Viele Menschen werden ihre Erwerbsarbeit verlieren ..."
Wieso wissen davon Führungskräfte in Unternehmen nichts?
Im aktuellen "Manager Seminare geben 67 % der Manager als größte Herausforderung an: Schwierigkeiten, Fachkräfte zu finden.
86% der Unternehmen weltweit planen, die Anzahl ihrer Stellen trotz Automatisierung zu halten oder sogar zu erhöhen.
In der Versicherungsbranche blicken die Manager mit Sorge 5 Jahre in die Zukunft, wo die Babyboomer in Pension gehen und keiner weiß, wie die Stellen nachbesetzt werden können.
Meine Frage: Sind die Manager so weltfremd?

Als Gegenargument wird „Aber die meisten dieser Jobs sind schlecht bezahlt“ gebracht – wie wenn das ein Gegenargument wäre.

Äääh ... ja, treten wir für angemessene Bezahlung, zum Beispiel Mindestlöhne ein.
Aber über Arbeitslose durch Digitalisierung reden wir dann, wenn es irgendeinen Trend in diese Richtung gibt.

Persönlicher Kommentar zur These „Jeder hat das Recht auf ein BGE“

 Ich komme von einer komplett anderen Zeit und Kultur als die meisten, die das BGE diskutieren.
Wo ich aufwuchs, empfand man es als selbstverständlich, dass man gemäß seinen Kompetenzen etwas zur Gesellschaft beiträgt und ihr nicht auf dem Sack liegt.
Die Idee, "Hartz 4" als Berufsziel, war für uns völlig unvorstellbar - so etwas hätten wir nicht einmal diskutiert, weil wir es uns nicht vorstellen hätten können.
Ich wollte so rasch wie möglich unser eigenes Geld verdienen, um meinen Eltern nicht das Geld wegnehmen. Die Idee "man hat ein Recht darauf" gab es nicht. Das kam erst viel später.
Wer arbeitslos wurde, wollte so rasch wie möglich und selbstverständlicherweise wieder eine Arbeit.
Wer nicht arbeiten konnte war dankbar für die Unterstützung, die es eine Generation vor mir noch nicht gab. Dankbarkeit an jene, die für mich das Geld verdienen, wenn ich selbst nicht arbeiten kann. Dankbar zu sein ist wiederum für die "Es-ist-mein-Recht" - Gesellschaft nicht vorstellbar.

Daher lautet meine Antwort:
Es gibt keine Berechtigung auf Zuwendung. Eine humanitäre Gesellschaft gibt selbstverständlich Zuwendung an die, die es brauchen.

Prototypische BGE - Gesprächsstruktur

Ich habe unzählige Diskussionen mit BGE-Befürwortern geführt, die nach folgendem Schema ablaufen:
Befürworter: „Wir müssen uns fragen, ob wir weiterhin wie bisher nur auf Ausbeutung setzen oder ob wir den Menschen Freiheit zugestehen. Wenn ja, dann ist die Finanzierbarkeit kein Problem.“

ich: „Wie soll sie funktionieren Ein BGE übersteigt die gesamten Staatseinnahmen“?

Er: „Das wurde schon vielfach durchgerechnet und bewiesen“.

Ich: „Wie genau wird das berechnet“?
Befürworter: „Wir müssen uns fragen, ob wir weiterhin wie bisher nur auf Ausbeutung setzen oder ob wir den Menschen Freiheit zugestehen. Wenn ja, dann ist die Finanzierbarkeit kein Problem.“

Jetzt könnte ich wieder oben anfangen, aber Leerrunden sind nicht mein Ding.

Die Reichen bekommen ja auch ein BGE

Es kann nur verteilt werden, was irgendjemandem weggenommen wird. Zur Zeit wird den unteren 90% genommen und den oberen gegeben. Die Sozialleistungen werden den Mittleren genommen und nach unten umverteilt.
Bei einem BGE können nur die Besserverdiener als Nettozahler das BGE an die Nettoempfänger bezahlen.
Gegenargument der BGE-Befürworter: „Die Reichen bekommen ja auch ein BGE, es bekommen alle.“
Zwei Fragen tauchen auf:
1.    Woher kommt das zusätzliche Geld, wenn alle mehr bekommen? Wer zahlt es?
Die Antwort der BGE Befürworter: Geld ist genug da. ich sage: Stimmt, aber die, Besitzer werden es nicht herausrücken.
Das Argument ist einfach falsch. Wenn ich Nettozahler bin und selbst ein BGE bekomme, dann bezahle ich zuerst mein eigenes BGE (meine linke Tasche in meine rechte Tasche), dann ein zweites (meine linke Tasche in Deine rechte Tasche).

Die BGE-Projekte sind keine BGE-Projekte

Pro-Argument der BGE Befürworter:
Zahlreiche Test-Projekte haben bewiesen, dass das BGE funktionieren wird und haben die Argumente der Gegner entkräftet.
Ich sage:
Folgende Kriterien würde ich als zwingend erachten, damit man Rückschlüsse auf die Auswirkungen eines BGE ziehen könnte:
  1. Es wird von der gleichen Gruppe finanziert, die auch Nutznießer ist
  2.  Es hat eine Höhe, die den Begriff "Einkommen" rechtfertigt
  3.  Es ist nicht zeitlich begrenzt
  4.  Es wird auf längere Zeit, aber mindestens 10 Jahre (wenn nicht länger) beobachtet.
Die von den BGE-Befürwortern zitierten Projekte  erfüllen keines dieser Kriterien.
Beispiel: Ein Teilnehmer an so einem Projekt bekommt für 2 Jahre „bedingungslos“ Geld. Er weiß also, dass in 2 Jahren der Geldsegen wieder vorbei ist und er wieder auf eigenen Füßen stehen oder von der Mindestsicherung leben muss. Ist es nicht logisch, dass er natürlich nicht die Hände in den Schoß legen wird, sondern für diese Zeit vorsorgen wird?
Aber trifft das auch zu, wenn man weiß, dass der Geldsegen bis ans Lebensende reicht?
Kann es sein, dass es Pensionisten gibt (die sind ja in dieser Situation sind), die wenig tun? Die sogar unter Langeweile leiden?



Noch ein paar Gegenargumente zum Abschluss:

1. Wenn Götz Werner das glauben würde, was er predigt, würde er es sofort in seinem Unternehmen einführen, z.B. „Entkoppelung von Arbeit und Einkommen“.
2. Bei seinem Finanzierungsmodell würde er sich so gut wie nicht an der Finanzierung beteiligen (finde ich sehr zynisch).
3. "man stünde nie wieder mittellos da". Außer, es gibt Preissteigerungen, die z.B. dann einsetzen, wenn manche Arbeiten (z.B. Müllabfuhr) teurer werden, weil niemand mehr diese Tätigkeiten um so wenige Geld machen möchte.
4. Ich bezweifle, dass mit dem BGE plötzlich der kreative Motivationsschub kommt. Ich rufe allen zu: Wartet nicht, steht auf, bewegt Euch und Tut es einfach. Worauf wartet Ihr, Euch selbst zu verwirklichen? Was ist, wenn es noch Jahre dauert, bis das BGE kommt? Dann habt Ihr sinnlose Lebenszeit verbraten!


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